People make the Place
- Kalaw
- 4. Dez. 2018
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Sept. 2020

Es ist merklich kühler in Kalaw. Das nutzten die Briten für sich um hier eine Hillstation zu errichten, wo sie der Hitze entfliehen konnten und ihren Tee und Salat anbauten. Zusätzlich wurde eine Eisenbahn gebaut und viele Inder und Nepali dazu hergebracht, die sich bis heute ihre Traditionen in der Stadt bewahren, was die Speisekarte sehr abwechslungsreich gestaltet. Kalaw hat sich touristisch entwickelt, wegen seiner Nähe zu Hügeln und Dörfern von Minderheiten, die man erkunden kann. Die Wälder sind eine Mischung aus tropischen Pflanzen und Nadelbäumen. Uns fällt die grosse Anzahl an Hunden auf, die durch die Strassen striehlen. Ich habe schon immer einen grossen Respekt vor Hunden, die ich nicht kenne. Sarah liebt die Hundebabies und von denen gibt es hier auch genug. So verliere ich meine Berührungsängste.
Sarah und ich hatten keine grossen Pläne. Wir kommen ans Ende unserer Reise und geniessen es nach all den Sonnenaufgängen länger zu schlafen und allgemein weniger zu tun. Die meisten Leute wandern von hier zum berühmten Inle Lake. Dies steht eigentlich auch auf unserem Programm, wir entscheiden uns jedoch für die weniger anstrengende Eisenbahnfahrt. Zugfahren ist wie ein kleines Kino, bei dem man sich ans Fenster setzt und stundenlang zusieht, was an einem vorbei tuckert. Unsere Idee kommt aber beinahe nochmals ins Wanken, als wir beim Frühstück Hilde und Tanja wieder treffen, 2 Mädels mit denen wir bereits in Mandalay Zeit verbrachten. Mit ihnen bummeln wir durch die Märkte und sakralen Orte der Stadt und unterhalten uns wunderbar. Uns fallen dabei die wunderbar frische Auswahl an Gemüse auf und vor allem die vielen Avocados. Am Liebsten würden wir alles kaufen und ein wunderbares Menü kochen, aber leider fehlt es uns an der Küche. Beim Mittagessen gesellen sich zufälligerweise noch Andrea und seine Freundin Victoria dazu, die wir in Hpa-An zusammen mit Stefano kennenlernten. So wird aus einem faulen Tag spontan ein kleines Get Together, aus Menschen mit Substanz.
Myanmar ist dies bezüglich ein wunderbarer Ort. Die Reisenden hier sind abgesehen von ein Paar Ausnahmen solche die mehr vom Reisen erwarten als bloss einen Suff an den anderen zu reihen. Zudem sind die Reisepfade schmal, weshalb man sich immer wieder trifft. Das führt zu einem tollen Gemeinschaftsgefühl, wo man die Leute wirklich kennenlernt und über den Smalltalk hinauskommt. So erscheint die zusammen verbrachte Zeit sinn- und wertvoller und selbst einen ruhigen Tag zufriedenstellend. Seit Beginn unserer Reise haben wir nicht so viele Kontakte ausgetauscht, wie in den letzten paar Tagen.
Leider fühlt sich Hilde am Ende des Abends nicht mehr so wohl, sie hat sich erkältet. Aber für ihren Travelbuddy Tanja reisst sie sich zusammen und verspricht mit ihr morgen die 2-Tage Wanderung anzugehen. Das ist die Loyalität unter Reisebekanntschaften, die ich manchmal anzweifelte, ob es sie noch gibt. Hier in Myanmar, gibt es sie noch.
Wir zeigen Andrea ein Video, das wir bei unserem Aufstieg zum Tempel gemacht haben. Darin zu sehen ist eine Spinne mit ca. 8cm Durchmesser und eine Wespe. Die Wespe tanzt Auge in Auge um die Spinne, bis sie sie schliesslich in den Kopf sticht. Die Wespe zuckt zusammen und bleibt zitternd liegen. Das Insekt fliegt weg, nur um 3 Minuten später wieder zu kommen. Zu unserem Erstaunen zieht die um vieles kleinere Wespe die Spinne mit sich ins Unterholz. Zu unserem noch grösseren Erstaunen kennt Andrea diese Wespe. Total begeistert schiesst er raus, dass es sich um eine Jewel-Wasp handelt. Die sticht Spinnen in den Kopf, legt anschliessend ihre Eier darin ab und zieht sie ins Unterholz, wo die Eier ausbrüten und die Larven dann die Spinne von innen her auffressen. „It’s a fascinating animal!“ sagt er total begeistert, während sich unsere Gesichter vor Ekel zusammenziehen.
Erneut ist die Nacht kühl und wir sind abermals froh uns für den Zug entschieden zu haben. Hilde und Tanja sind am Morgen los. Das ist gut, weil das heisst, dass Hilde sich stark genug gefühlt hat und ihr Versprechen gehalten hat, auch wenn die Eisenbahn der einfachere Weg gewesen wäre. Für uns heisst es ebenfalls ausschecken und zum Bahnhof laufen. Zugfahren, eine burmesische Tradition der Neuzeit, hervorgegangen von den Briten, welche die bis heute benutzten Gleise vor über 100 Jahren gebaut haben. Entsprechend holperig wird die Angelegenheit werden. Wir freuen uns auf entspannte Tage am Inle-See, wo wir auch mal wieder enen Kochkurs machen werden, wo wir endlich all die leckeren Zutaten selber verarbeiten können. Vor uns stehen aber zuerst 50 Kilometer Luftlinie und 3.5h Fahrzeit auf der angeblich schönsten Strecke Myanmars. Der Zug hat bereits 1h Verspätung. Auf die Frage ob’s noch mehr wird, antwortet der Bahnhofsvorsteher achselzuckend: „Maybe“.
Impressionen aus Kalaw
Impressionen der Zugfahrt
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